Der Sterbesegen im Krankenhaus
Als ich klein war, hat mir meine Mama oft ein Kreuz auf die Stirn gemacht, bevor ich in die Schule gegangen bin. Später machte sie mir das Kreuzerl vor einer Reise und wenn wir uns länger nicht sehen konnten. „Gott behüte dich“ und „Komm gut wieder heim“, hat sie dabei geflüstert. Dieser Abschiedssegen hat mich immer gestärkt und ermutigt.
Heute begegnet mir diese Liebesgeste des Kreuzzeichens auf die Stirn in einem anderen Kontext, im Krankenhaus, wo ich als Seelsorger Menschen begleiten darf, „die sich auf ihre allerletzte Reise machen“ und endgültig Abschied nehmen müssen. Dabei kommt alles menschliche Handeln und Können an seine Grenze: Medizinisch weiß man meist seit längerer Zeit, dass die Erkrankung nicht mehr heilbar ist. Was jetzt zählt, ist, dem leidenden Menschen eine möglichst schmerzfreie und würdevolle letzte Lebenszeit zu ermöglichen. Darum kümmert sich ein multiprofessionelles Team aus Medizin, Pflege, Physiotherapie, Psychologie, Seelsorge und Sozialarbeit, verstärkt durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Angehörigen fürchten das Endgültige, die Trennung, „das letzte Lebewohl“. Gleichzeitig hoffen sie, dass der oder die Kranke von seinem bzw. ihrem Leiden erlöst wird und an einen Ort gehen kann, an dem es keine Schmerzen mehr gibt, wo Gott selbst uns die Tränen von den Augen abwischen wird (vgl. Offb 21,4).
Auch wir Christen spüren die menschliche Ohnmacht angesichts des Sterbens. In der ganzen Ratlosigkeit und Hilflosigkeit können wir uns an Gott, den Spender des Lebens, wenden. An der Grenzsituation des Lebens haben wir oft ein Bedürfnis nach etwas, das über die irdischen Kräfte und Begrenzungen hinausgeht. Wir möchten, dass das einmalige Dasein eines Menschen, egal ob kurz oder lang, arm oder reich, in einem großen, allumfassenden Horizont seine Erfüllung und Vollendung findet.
Weil Jesus Christus selbst gestorben und von Gott auferweckt worden ist, können wir darauf vertrauen, dass Gott auch diesen konkreten Menschen durch den Tod zum neuen Leben führt.
Der Segen am Lebensende möchte gerade diese Zusage ein Stückchen erfahrbar machen.
Dein Leben ist einmalig und kostbar. Es sei gesegnet im Angesicht Gottes.
aus: die Feier des Sterbesegens, 16
Das kostbare und einmalige Leben wird mit einem Kreuzzeichen auf die Stirn und auf die Hände gesegnet. Die Hand sagt: „Du bist nicht allein“, das Kreuzzeichen drückt aus, dass der Sterbende in die Hände Gottes übergeben wird, und das Weihwasser erinnert, dass alle Menschen ins Leben berufen sind, das stärker ist als der Tod.
Mag. Krystian Kozubek, Seelsorger im Krankenhaus Göttlicher Heiland