von Pfarrer und Dechant Dr. Karl Engelmann
Im heutigen Evangelium hören wir, dass die Erfahrung der Jünger einen Dominoeffekt auslöst: Die Kraft der Erinnerung bewegt, verändert das Leben. Es sind vier Schritte, die diesen Dominoeffekt im Evangelium auslösen:
Ich kann mich an Erlebnisse aus meiner Kindheit, aus meiner Jugend sehr gut erinnern, die heute noch ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern und ein Glücksgefühl in mir aufkommen lassen. Der Friede in mir ist spürbar und strahlt in solchen Momenten der Erinnerung auch auf meine Umwelt aus.
Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
Es ist dieser Friede, den Jesus der Welt bringt und schenkt. Sein Kommen löst Freude aus bei jenen, die sich an die Erfahrungen mit ihm erinnern. Angst, Trauer, Mutlosigkeit, Verzweiflung werden durch die Erinnerung besiegt. Erinnern heißt, in sein Inneres zu schauen.
Es gibt Erfahrungen, die im Leben zu kraftvollen Zeichen wurden. Sie bestärken bei wichtigen Entscheidungen, die im Leben auf einen zukommen. Das Leben gewinnt dadurch Kontur und Glaubwürdigkeit.
Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.
Sie erkennen, sie sehen, dass sich all das erfüllt, was ihnen verheißen wurde.
Bewegung tut gut. Nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige. Ein Gedankengang, der mich schon lange bewegt, der schon lange in mir Unruhe stiftet, mich nicht loslässt! Welcher ist es?
Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!
Es wird verkündet, was die Jesusbewegung letztlich so erfolgreich, so mutig werden lässt: der Sendungsauftrag mit der Zusage des Beistandes, dem Heiligen Geist. So haben sie Anteil an dem Leben Christi, dem Auferstanden. Dies befähigt sie, sich von dem Ort der Abgeschiedenheit hinauszubewegen, in die Welt, die die Botschaft Jesu wie ein tägliches Brot braucht. Und die Botschaft des Evangeliums verändert diese Welt, sie fordert die Welt auf, sich zum Mitmenschen hinzubewegen, eine Gemeinschaft der Solidarität zu werden. Nicht umsonst wurde das Christentum anfangs als „der neue Weg“ bezeichnet.
Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.
Der Evangelist Johannes zeigt im Vers 23 auf, was durch die Kraft der Geistaussendung, der Geisttaufe – das bedeutet Anteil haben an dem Leben des Auferstandenen – möglich ist. Die Vollmacht der Vergebung, die allen durch die Taufe, durch ihren Glauben zuteil wird, baut Brücken, überwindet das Böse, schafft Veränderung im Leben des Einzelnen, aber auch in der Gemeinschaft. Die Kraft der Vergebung führt letztlich zu neuem Leben.
Diese vier Aspekte im heutigen Evangelium sind mir wichtig geworden. Ich habe dabei einen Weg gefunden, der mich mit meiner Lebensgeschichte, mit dem Pfingstereignis von damals heute und jetzt in Berührung bringt. Gefüllt mit dem Glauben an den Auferstandenen, können diese vier Schritte Erinnerung – Kraft – Bewegung – Veränderung das begreifbar und erfahrbar machen, was wir so locker als „Pfingstwunder“ bezeichnen.
Pfarrer Dr. Karl Engelmann
Vgl.: Predigtforum der Redemptoristen. Dipl.-Päd. Hannelore Jäggle. 2017.
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