Montag, 15. Juni 2020
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus · 5,38–42
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.
Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm.
Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab.
Kommentar · Pfarrer Karl Engelmann
Gleiches mit Gleichem vergelten, das scheint so vernünftig und konnte in alten Zeiten durchaus als „gerecht“ gelten. Ja es war einmal ein Fortschritt gewesen gegenüber einer endlosen und maßlosen Rache. Aber dieser kleine Fortschritt genügt nicht mehr; er führt auch nicht heraus aus dem Teufelskreis der Vergeltung und Wiedervergeltung. Zudem zeigt die Erfahrung, dass dieses vernünftige Maß nicht beachtet wird, solange grundsätzlich nur nach dem Recht (nach welchem Recht?) gefragt wird. Dem Recht des Stärkeren setzt Jesus das Recht des Schwächeren entgegen mit seinen neuen Forderungen: „Lass … Geh mit … Gib … Weise nicht ab!“ Wer das begreift und tut, ist auf dem Weg der neuen, größeren Gerechtigkeit. Die größere Gerechtigkeit ist die Tatsache, dass wir den Schwachen, den Namenlosen zu ihrem Recht verhelfen. Kirche heißt auch, auf der Seite der Entrechteten zu stehen, für die einzutreten, die keinen Namen mehr haben.