von P. Piotr Wojchechiowski
Pfarrvikar Herz-Jesu-Sühnekirche
Nur Jesus Christus ist der gute Hirte. Es gab und gibt viele Christen/innen, die als Jünger, Apostel, Priester, Eltern, Lehrer in der Familie und in der Gesellschaft eine führende Rolle spielten und ausüben. Nach Pfingsten ruft der Apostel Petrus die Juden mit liebevollen Worten zur Umkehr auf. Und tatsächlich haben sich 3000 Menschen zu Christus bekehrt (Apg 2,41). Zu den Neubekehrten spricht Petrus: „Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber seid ihr heimgekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen.“ (1 Petr 2,25) Gemeint ist Christus.
Solche Bekehrungen zum Glauben kennen wir durch das Leben und die Literatur sehr gut. Victor Hugo beschreibt in seinem Roman „Les Miserables“ die folgende Szene: Zwei Gendarmeriebeamte bringen einen ehemaligen Sträfling zum Bischof. Bei ihm wurden wertvolle Gegenstände gefunden, die aus der Bischofskirche verschwunden waren. Der Mann wird von den Gendarmeriebeamten beschuldigt, den Diebstahl begangen zu haben. Ihm droht eine schwere Gefängnisstrafe. Der Bischof kommt dem Beschuldigten, der wirklich der Dieb war, zu Hilfe, indem er den Gendarmeriebeamten erzählt, dass er persönlich dem Mann diese Gegenstände geschenkt habe. Gleichzeitig fragt er ihn, warum er die anderen Geschenke habe liegen lassen, obwohl er offensichtlich in Elend und Not ist. Der Sträfling, Jean Valjean mit Name, ist zutiefst erschüttert, weil der Bischof ihm in seiner Notsituation so viel Liebe erweist. Dieses Erlebnis verändert sein Leben.
Was lehrt uns diese Geschichte? Gefängnis bessert den Menschen nicht. Nur Liebe und Mitleid heilen und verändern den Menschen positiv. Der Bischof ist wie ein guter Hirte: Im Sinne Jesu denkt er nicht über die Vergangenheit dieses Verbrechers nach, sondern sorgt sich um dessen Zukunft und hofft, dass sich in diesem Sünder etwas Gutes versteckt. Er gibt ihm ein gutes Beispiel mit dem Hintergedanken: Folge mir nach! Wie ein guter Hirte.
Vor einigen Tagen habe ich ein Interview gelesen: Kardinal Robert Sarah, Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, wurde von Charlotte d‘Ornellas gefragt: „Was halten Sie von der Coronaviruskrise, und was sollen Priester und Gläubige in dieser Situation tun“? Der Kardinal antwortete: „Papst Franziskus hat sich ganz klar ausgedrückt. Priester sollen alles tun, um den Gläubigen nahe zu sein, besonders den kranken, sterbenden und allein gelassenen Menschen. Auch die Laien haben viel zu lernen: Es ist Zeit, dass die Väter lernen, ihre Kinder zu segnen; dass die Familien Zeit finden, um gemeinsam zu Hause zu beten. … Viele Christen, haben in der letzten Zeit entdeckt, wie wichtig die heilige Kommunion für sie ist.“ Die Redakteurin hat den Kardinal weiter gefragt: „Was soll sich noch ändern“? Kardinal Sarah sagte: „Vor einigen Monaten hat man viel über Euthanasie gesprochenen. Manche meinten, Behinderte, Alte, Schwerkranke loszuwerden. Nun sind plötzlich Millionen von Menschen weltweit auf den Balkons zu sehen: Voll Respekt und Dankbarkeit applaudieren sie Ärzten, Krankenschwestern, Volontären, also denjenigen, die Armen, Kranken, Alten und Sterbenden dienen.“
Liebe Schwestern und Brüder, jetzt wissen wir mehr, wie sehr unsere postmoderne Welt Diener und Heilige braucht, aber sie hat sich geschämt, das laut zu sagen. Ich wünsche uns allen, dass wir mehr unseren Nächsten dienen, so wie der gute Hirte Christus es uns gezeigt hat.
P. Piotr Wojchechiowski
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