P. Piotr Wojciechowski SSCC
Wir standen und stehen Tag für Tag vor den verschiedensten Wahlen. In den verschiedensten Streitigkeiten und Auseinandersetzungen müssen wir unseren Umgangston wählen: aggressiv, verteidigend, beleidigend, einlenkend, verstehend, verzeihend, entschuldigend. Junge Menschen stehen in Schule und Lehre vor der Wahl des Berufes und damit der Berufung für ihr späteres Leben. Menschen, die oftmals nicht wissen, wohin sie die Reise des Lebens bringen will und soll, stehen vor der Wahl des ihnen angemessenen Lebensweges. Schwerstkranke stehen vor der Wahl, ob sie eine angeratene Therapie zulassen sollen oder nicht. Und wir alle müssen uns immer wieder oft blitzschnell wählend entscheiden, welchen Weg wir an den vielfältigen Kreuzungen unserer Straßen und unseres Lebensweges einschlagen wollen. Überall da bewahrheitet sich das Sprichwort: „Wer die Wahl hat, hat die Qual“. Und wir sehen auch die Binsenwahrheit bestätigt: Wahlrecht ist gleichzeitig auch Wahlpflicht. Eine Wahl stand auch gleich am Anfang der Geschichte der noch jungen christlichen Glaubensgemeinschaft. Das Kollegium der Apostel war dezimiert und sollte nun wieder auf die von Jesus eingesetzte Zwölferzahl ergänzt werden. Welche Qualitäten sollen der Kandidat aufweisen?
Die Apostelgeschichte nennt eine entscheidende Qualität: „Einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein.“ Allein das ist das Entscheidende: Der Erwählte darf sich für das neue Leben einsetzen, das mit Jesus dem Christus begonnen hat. Jede Wahl, vor die wir gestellt werden, erinnert uns an unsere Verantwortung für neues Leben, das zukünftig von den Menschen gespürt werden will. Jede Wahl, an der wir teilnehmen oder zu der wir uns vielleicht sogar genötigt sehen, fordert unser Engagement und Interesse an neuen Lebensmöglichkeiten und Lebenswirklichkeiten. Wer wählt, gibt bewusst oder unbewusst Zeugnis ab für die Fülle des Lebens. Und das ist dann auch die Einheit, die Christus für die Seinen erbetet: der Wille, dem Leben in Fülle zu dienen, das sich in verschiedenen Wegen vor uns ausbreitet. Für Christen ist demnach das Recht zur Wahl eine Verpflichtung, das Leben zu wählen. Das Leben in Fülle – in dieser Zeit und für die Erfüllung des Lebens in der Ewigkeit Gottes.
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