Predigtimpuls – 10. Sonntag im Jahreskreis

Pfarrer Dr. Karl Engelmann

Gott sucht dich

Es gibt das Böse, und es gibt den Bösen. Die Geschichte der Menschheit ist der Beweis dafür. Jesus hat mit dem Bösen gerechnet, er ist ihm in vielfacher Gestalt begegnet: dem Dämon der Stummheit, der Unreinheit, der Lüge, des Hasses. Auch wir tun gut daran, mit ihm zu rechnen, auch wenn er in unserem Jahrhundert andere Gestalten annimmt. Wir wissen aber, dass Jesus der Stärkere ist. Wir wissen aber auch, dass Gott es ist, der uns immer wieder sucht. Adam, wo bist Du?

Die biblische Erzählung in der ersten Lesung vom Sündenfall sagt uns, was geschehen ist und was immer wieder geschieht. In wenigen Sätzen beschreibt sie den scheinbar kurzen und doch ungeheuren Weg von der Unschuld zur Schuld und von der Schuld zur Angst.

Die Lehre von der Erbsünde ergibt sich nicht direkt aus der Erzählung vom Sündenfall im Buch Genesis, sondern erst aus dem größeren Zusammenhang der Offenbarung. Die messianische Deutung von Genesis 3,15 versteht unter dem Nachkommen der Frau Christus, den Überwinder des Bösen. Gott sucht Adam. Adam bekommt Angst und schiebt alles auf die Frau und die Schlange. Weg mit dir, Schuld! Das Entscheidende aber ist das Suchen Gottes. Er sucht den Menschen immer wieder aufs Neue. Gott sucht dich.

Die zweite Lesung zeigt die Seele des apostolischen Dienstes auf, das ist der Glaube. Weil er an Jesus, den Auferstandenen, glaubt, verzehrt der Apostel sein Leben im Dienst der Verkündigung. Sein Glaube ist Liebe zu Christus und Liebe zu den Menschen, denen er das Licht Christi bringen möchte. Sein Glaube ist Hoffnung: Warten auf die Begegnung mit Christus und die Offenbarung seiner Herrlichkeit.

Im Evangelium ist von den Angehörigen Jesu die Rede; im Schlussteil des Abschnitts werden seine Mutter und seine „Brüder“ (seine Verwandten) genannt. Das Auftreten Jesu macht ihnen Kummer; sie verstehen ihn nicht mehr. Die Schriftgelehrten aus Jerusalem sagen, er sei vom Teufel besessen. Ihnen sagt Jesus in verhüllter Rede, dass er mächtiger ist als der Widersacher. Seinen Angehörigen versucht er zu erklären, wer seine wahren Verwandten sind: nicht die „draußen“, sondern die Freunde und Jünger an seinem Tisch. Sie hören sein Wort und halten ihm die Treue; Jesus ist ihnen Freund und Bruder geworden.

Christus in unserer Mitte: Er sieht uns als seine Brüder und Schwestern. Uns bedeutet: „wer den Willen Gottes tut“, so wie er es getan hat und ihn gesucht hat. Christus sucht uns und möchte uns dadurch vom Bösen bewahren. Tatsache ist, dass auch wir Christen mit dem Bösen rechnen müssen. Der Kampf zwischen Christus und dem Dämon dauert bis in unsere Tage. Bei den frommsten Übungen kommen oft die bösesten Gedanken. Uns darf aber klar sein ‒ und das zeigt uns das Evangelium: Christus ist der Stärkere; er hat Macht über den Bösen, über den Dämon.

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