Gedanken zum Fest Christi Himmelfahrt 2020

von Pfarrer und Dechant Dr. Karl Engelmann

Mit dem Bericht der Himmelfahrt Jesu und der Aussendung der Jünger in alle Welt durch den Auferstandenen beschließt Matthäus sein Evangelium. Jesus hat seinen Auftrag in Treue zu Gottes Willen erfüllt. Sein Werk ist vollbracht. Nun gilt es, sein Werk fortzusetzen durch die, die an ihn, den Christus, glauben.

Schon die Tatsache, dass Matthäus den Berg, auf den Jesus die Jünger bestellt hat, nicht mit Namen benennt, macht deutlich, dass es dem Evangelisten nicht um die Wiedergabe des äußeren Verlaufs der Himmelfahrt Jesu geht. Vielmehr sollen die Gläubigen das Geschehen im Zusammenhang der gesamten Heilsgeschichte betrachten.

Berge spielen im Leben des Volkes Israel und im Leben Jesu eine wichtige Rolle. Da ist einmal der Berg der Gesetzgebung: Er steht gleich am Anfang der Heilsgeschichte des Volkes Israel. Auf ihm geschieht der Bundesschluss, die Besiegelung der Beziehung Gottes zu seinem Volk. Dann der Berg der Versuchung: Auf diesem Schauplatz bietet der Teufel alles auf, um Jesus zu Fall zu bringen. Hoch über alle Geschöpfe und Reiche der Welt würde er vom Versucher gestellt, alles ihm zu Füßen gelegt werden. Aber nicht um zu herrschen, ist Jesus in die Welt gekommen, sondern um Gottes Intention der Welt und des Zusammenlebens der Menschen zu verkünden. Ein weiterer Berg ist jener der Seligpreisungen, quasi der Gegenpol zum Berg der Versuchung: In den Seligpreisungen ist enthalten, wonach die Menschen nach Gottes Willen streben sollen. Schließlich sind noch zwei Berge auf dem Hintergrund heilsgeschichtlicher Betrachtung in den Blick zu nehmen: Der Berg der Verklärung und der Berg Golgota. Auf den Berg der Verklärung führt Jesus die erwählten Jünger, bevor er den Weg nach Jerusalem antritt. Das Erlebnis der Verklärung soll ihnen helfen, bei der Kreuzigung Jesu nicht an ihm, ihrem Herrn und Meister, irre zu werden.

Der Berg der Himmelfahrt ist nach aller Aufregung über das Ende Jesu ein Ort der Besinnung, an den die Gläubigen oft zurückdenken sollen. Jesus erinnert die Jünger, dass ihm alle Macht gegeben ist. Es soll ihnen bewusst sein und dauerhaft bewusst bleiben, durch wen sie beauftragt werden und in wessen Namen sie auftreten. Aus dem Munde Jesu selbst empfangen sie den Auftrag, allen Völkern die Heilsbotschaft zu verkünden und in der Taufe mit dem Heiligen Geist auszustatten, damit sie fähig werden, den Weisungen Jesu zu folgen. Die Kirche, das Reich Gottes, soll sich in alle Völker hineinentwickeln als ein Reich, in dem nicht die Macht regiert, sondern die Liebe und die Sorge füreinander. Um dieses Ziel deutlich in den Blick zu bringen, wird im Evangelium eigens erwähnt, dass sich der Berg der Himmelfahrt Jesu in Galiläa befand. Galiläa war jenes Gebiet in Israel, das stark mit Heiden und vielerlei Religionen durchsetzt war. Den Menschen dort soll verkündet werden, dass sie alle, ohne jede Ausnahme, ins Erlösungswerk Jesu und in Gottes Erbarmen eingeschlossen sind; dass sie sich aber auch beteiligen sollen, Gemeinschaften der Liebe und des gegenseitigen Wohlwollens aufzubauen.

Christi Himmelfahrt lädt uns ein innezuhalten, um uns neu bewusst zu werden, dass wir in Gottes Güte, Liebe und Erbarmen geborgen sind; dass wir aber auch gesendet sind, am Aufbau des Reiches Gottes teilzunehmen. Die wenigsten von uns sind berufen, in ferne Länder aufzubrechen. Aber wie in Galiläa umgeben uns Menschen vieler Nationen mit unterschiedlichen Religionen. Werden sie von unserer Liebe und Hilfsbereitschaft, sowohl unter uns als auch zu ihnen, dermaßen berührt und beeindruckt, dass sie den Wert des Christentums erkennen und schätzen lernen? Steigen wir mit Christus auf den Berg der Freiheit und der Erlösung!

Pfarrer Dr. Karl Engelmann

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