Mittwoch, 10. Juni 2020
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus · 5,17–19
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.
Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist.
Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich.
Kommentar · Pfarrer Karl Engelmann
Unter „Gesetz und Propheten“ versteht Jesus die eine, einheitliche Äußerung des Gotteswillens, wie sie im Alten Testament vorliegt. Von diesem Gesetz versichert Jesus feierlich: Es bleibt bestehen und muss verwirklicht werden. Dieser „jüdischste“ aller Sätze im Neuen Testament (Vers 18) steht nicht zufällig an dieser Stelle der Bergpredigt: Im nachfolgenden Abschnitt (Verse 21–48) spricht Jesus in sechsmaliger Gegenüberstellung („… ich aber sage euch“) von der neuen „Gerechtigkeit“, die im Gegensatz steht zu dem, was „den Alten“ gesagt wurde. Wenn das alles nicht Aufhebung, sondern Erfüllung des alttestamentlichen Gesetzes ist, dann wird von uns ein Verständnis des Alten Testamentes gefordert, das weit über das hinausgeht, was jüdische Gesetzesgelehrsamkeit zu sagen wusste. Jesus ist mehr als Mose; er verkündet den Gotteswillen neu und in Vollmacht; er selbst bringt durch sein Wort und seine Tat das Alte Testament zu seinem vollen Maß und gibt ihm seinen endgültigen Sinn. Das Alte Testament ist ein wesentliches Buch unseres christlichen Glaubens. Das Alte Testament kann ohne dem Neuen Testament existieren, das beweist uns das Judentum, umgekehrt geht es nicht. Aber das Neue Testament bringt das Alte Testament zu seiner Vollendung. In Jesus erfüllt sich alles, was die Propheten angesagt haben.