Freitag, 11.9.2020
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas 6, 39-42
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Kann ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen?
Der Jünger steht nicht über seinem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein.
Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?
Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du den Balken in deinem eigenen Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.
Kommentar · Bettina Geiger
Der Splitter und der Balken. Jeder Mensch hat so seine ganz persönlichen „Baustellen“, an denen er selbst arbeiten sollte. Andere auf ihre „Baustellen“ hinzuweisen geht halt viel leichter – ist weniger Arbeit und lenkt ein bisschen von den eigenen „Baustellen“ ab.
Allerdings sind wir im Gegensatz zu Gott blind. Ich würde es auch „eingeschränkte Sicht“ nennen. Wie in der Steiermark manchmal Ende August – die Berghänge und die Berge sind in der Früh in dichten Nebel gehüllt – man sieht einige Meter weit. Die Wege, die Wälder, Häuser, Felder, Straßen, Gipfelkreuze etc. sind einfach nicht zu sehen. Erst wenn gegen Mittag der „Himmel aufreißt“, wie es so schön heißt, sieht man immer mehr, was sich dahinter eigentlich alles versteckt hat. Wir haben es nicht gesehen, obwohl es die ganze Zeit da war. Ich finde das ist ein schönes Bild für unsere „Sicht“ im Leben. Vieles versteckt sich hinter dem Nebel, vieles sehen wir nicht, vermuten vielleicht, dass es da ist. Erst wenn wir ganz nahe kommen, erschließt sich uns wieder ein Teil der Wirklichkeit. Gott weiß, was hinter dem Nebel ist. Die anderen Menschen können uns nicht so gut führen, egal wie weise, gebildet, überzeugend sie auch immer sein mögen. Auf Gott ist Verlass, er hat die Sicht auf das Ganze. Deshalb ist es gut, wenn wir mit ihm in Verbindung bleiben, damit er uns einen guten Weg zeigen kann.