Tagesevangelium – 14.6.2021

Montag, 14.6.2021

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus 5, 38-42

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn.
Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich
einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.
Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch
den Mantel.
Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm.
Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab.

Kommentar · Diakon Mark Eylitz

Anspruchsvoll. Anspruchsvoll und nicht leicht verdaulich sind die Worte, welche Jesus uns heute mit auf den Weg gibt. Seit einiger Zeit schon hören wir in jeweils kurzen Abschnitten die bei Matthäus als „Bergpredigt“, bei Lukas als „Feldpredigt“ bekannte Rede Jesu, welche bis heute, auch jenseits des Christentums, Menschen als eine Art ethischer Grundkompass zu beeindrucken vermag. Nachdem Jesus sich ganz klar zum „Gesetz und den Propheten“ bekannt hat, und deren „Erfüllung“ in seinem eigenen Tun und in der verheißenen Sendung des Heiligen Geistes erklärt hat, führt er uns jetzt einen Schritt weiter: die Erfüllung von Gesetz und Propheten besteht eben nicht nur darin, dass Jesus selbst gekommen ist, nein. Sie besteht darin, das Gesetz „lebendig“ zu machen. Zu handeln also, wie es vor Gott gut und gerecht ist. Zu erkennen, dass Gott das Gesetz für den Menschen, nicht gegen den Menschen gegeben hat. In letzter Konsequenz soll der Mensch also son handeln, wie Gott, der Mensch geworden ist. Das ist mit den Aussagen des heutigen Evangeliums gemeint: „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“ – diese Aufforderung ist weder Ausdruck blauäugiger Naivität, noch ein Aufruf zu fruchtlosem Fatalismus, zu einem „Einstecken“ und „Runterschlucken“ also mit dem Himmel als „vertröstendem“ Lohn am Ende. Diese Vorstellung ginge völlig fehl. Und dass sie den Christen immer wieder, auch heute noch, vorgeworfen wird, macht sie dadurch nicht richtig. Aber was ist denn dann darunter zu verstehen? Die Antwort ist schwierig. Und Menschen werden immer wieder je neu ihre eigene Antwort suchen und finden müssen. Ich denke jedoch, dass es hier um die Aufforderung Jesu an uns geht, den Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt grundsätzlich zu durchbrechen. Vielleicht sollten wir sogar weniger von körperlicher Gewalt ausgehen, bzw. diese als Chiffre für etwas anderes lesen. Das angesprochene Schlagen auf die Wange galt in der jüdischen Umwelt Jesu als ein Zeichen größter Respektlosigkeit und Entehrung. Die Reaktion darauf, die Wiederherstellung der Ehre, konnte nicht selten in der Tötung des Angreifers enden. Auch Jesus selbst schweigt zwar zu den furchtbaren Schmerzen der Geißelung und zu den Stockschlägen, welche er nach seiner Verhaftung ertragen muss. Als ihn ein Diener des Hohepriesters jedoch „ins Gesicht“ schlägt, konfrontiert er diesen sofort. Aber nicht mit Gegengewalt. Sondern mit Worten – aus denen nicht die Sorge um die eigene Ehre, sondern die ehrliche Liebe für den Schläger, der ja trotz allem auch ein geliebtes Kind Gottes ist, spricht. Aus einer Spirale von Gewalt und Gegengewalt auszubrechen, das ist es also, was Jesus uns mit auf den Weg gibt. Dies im Kleinen zu versuchen, fällt oft schwer genug. Wie oft „schlagen“ wir mit Wonne auf manche Menschen ein, bevorzugt – und feige – hinter deren Rücken? Wie oft sind wir neidisch? Gönnen dem anderen nicht die kleinste Nebensächlichkeit. Das ging in der Corona-Pandemie sogar bis zum „Impfneid“: warum ist der oder die schon geimpft, ich aber noch nicht? Der oder die hat sich das gewiss erschlichen!! Ich denke, jede und jeder von uns kennt ähnliche Beispiele. Hier ein wenig mehr Achtsamkeit zu zeigen, wäre schon ein Schritt in die richtige Richtung. Dabei helfen uns neben dem Wort und Beispiel Jesu auch Vorbilder: Mahatma Gandhi leitete mit dem friedlichen Boykott einer überzogenen Steuer den Niedergang des britischen Empire ein. Rosa Parks setzte sich als schwarze Amerikanerin auf einen nur weißen Landsleuten zustehenden Platz im Bus – nur wenige Jahre später wurde die abscheuliche „Rassentrennung“ aufgehoben. Alexander Solschenizyn legte allein mit der Kraft des geschriebenen Wortes die Gräuel von Stalins Straflagern offen. Dafür musste er ins Exil. Doch die Lager wurden geschlossen. Und Johannes Paul II musste keinen Stein werfen und keinen Schuss abgeben, um wesentlich zum Fall des „Eisernen Vorhangs“ beizutragen. Das ist anspruchsvoll. Aber es ist auch anspruchsvoll, wirklich jeden Tag mit seinem Handeln und seinem Wirken neu klar zu machen: wir sind Kinder Gottes. Berufen, die Welt jeden Tag neu und besser zu machen. Ich finde, damit kann auch ein gewisser Anspruch verbunden sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert