P. Piotr Wojciech SSCC
Glücklich der Mann, der eine tüchtige Frau findet. Eine, die den Haushalt beherrscht und alles richtet. Moderne Menschen in der die Diskussion um Frauenquoten in der Wirtschaft haben sicher Schwierigkeiten, diesen Text zu akzeptieren. Der arbeitende Mann als alleiniger Ernährer, die Frau, die nur für die Hausarbeit und die Kindererziehung zuständig ist, das wird heute infrage gestellt.
Und auch der Text, den wir gerade gehört haben, geht in eine ganz andere Richtung. Die Verse loben die fähige Frau. Es geht nicht nur um Fleiß, es geht auch um Fähigkeiten, um Begabungen, um Talente. Diese lobenden Verse im Buch der Sprichwörter kommen von einer Königsmutter, die ihren Sohn über die Frauen belehrt. Hat sie ihn im Abschnitt zuvor noch vor schlechten Frauen gewarnt, zeigt sie ihm nun, was eine fähige Frau ausmacht. Die Talente, die sie aufgezählt, haben nichts mit einem einfachen Hausmütterchen zu tun, im Gegenteil. Ihre Worte loben die fähige Frau buchstäblich von A bis Z und orientieren sich dabei am hebräischen Alphabet. Die so beschriebene Frau ist talentiert und motiviert. Sie hält den Haushalt zusammen, ist sehr kunstfertig und betreibt erfolgreich Handel. Sie ist ein Mensch, der seine Talente zum Wohl der Familie einsetzt. Sie sorgt nicht nur dafür, dass die Kinder erzogen werden und der Tisch immer gedeckt ist, sie trägt wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg des Hauses bei.
Das Buch der Sprichwörter ist ein sehr rätselhaftes Buch. Religionswissenschaftliche Überlegungen lassen auch den Schluss zu, dass die fähige Frau ein Bild für die Weisheit ist. Sicher eignet der Text sich nicht, um diese oder jene Position in der Diskussion um eine Frauenquote zu führen. Er könnte in jede Richtung ausgelegt werden. Er drückt eine tiefe Lebenserfahrung aus.
Weise ist, wer seine Fähigkeiten und Talente einsetzen kann. Ein Mensch, der umsetzt, was in ihm grundgelegt ist, kann glücklich werden und Großes bewirken. In gleicher Weise dürfen wir auch das Evangelium von den Talenten verstehen:
Jesus belehrt uns im Evangelium nach Matthäus: Ein jeder Mensch hat sein besonderes Talent. Nutze dein Talent, es ist eine Gabe Gottes! Jeder Mensch hat ein Talent, eine besondere Fähigkeit, die es zu entdecken gilt. Dem Nächsten zu helfen, sein Talent zu entwickeln und das eigene Talent nicht aus den Augen zu verlieren, es in die Realität umzusetzen, dazu fordern uns die Texte des heutigen Sonntags auf.
Heute ist auch Caritassonntag. Was brauchen die Menschen heute an Lebensnotwendigen in ihrer Krankheit und Hilflosigkeit? Natürlich die medizinische und therapeutische Hilfe. Sie brauchen aber auch das Mitleid, das heißt, das Verständnis, aber auch Nähe, Angenommen sein, uneigennützige Liebe, die etwas von Gottes Liebe kündet. Sie brauchen das Herz, das gütige Gesicht, sowie die menschlichen Hände. Sie brauchen Menschen, die treu zu eigenem Wort stehen. Das sind die Talente.
Bert Brecht hat in einem seiner Gedichte gesagt: „Der, den ich liebe, hat mir gesagt, dass er mich braucht. Darum gebe ich auf mich Acht“. Wer mit seinen Talenten arbeitet, wird von Gott hören „Du bist ein guter Diener. Nimm teil an der Freude deines Herrn“.
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